Johanna-Volke-Denkmal auf Hof Haulle

Denkmal

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Die Hebamme Johanna Volke (1892–1963) hat sich Zeit ihres Lebens unermüdlich und aufopferungsvoll um Mütter und Neugeborene gekümmert. Seit 1925 war sie in Bad Sassendorf tätig, in den Wirren des Krieges stand sie auch Zwangsarbeiterinnen und Flüchtlingen beiseite.

Um an diesen Einsatz zu erinnern, hat sich ein Initiativkreis für die Errichtung eines Denkmals eingesetzt, das am 07.03.2019 auf dem Hof Haulle in Bad Sassendorf eingeweiht wird.





Johanna Volke-Denkmal Bad Sassendorf

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Intention des Denkmals
Durch das Denkmal soll die aufopferungsvolle Tätigkeit des Berufsstandes der Hebammen gewürdigt und geehrt werden. Es soll die Dankbarkeit dafür ausdrücken, dass es Menschen wie Johanna Volke gegeben hat, die sich dafür abgekämpft haben, dass es in der Welt immer etwas besser wird. Es ist auch ein Ausdruck dafür, dass durch die Erinnerung an solche vorbildlichen Menschen ein wenig mehr Verständnis für die älteren Generationen – gerade auch für viele Frauen und ihre Lebensleistung – bei den Jüngeren geweckt wird.

Entstehungsgeschichte
Angeregt wurde eine Bronzeskulptur der ortsbekannten Hebamme Johanna Volke im Zusammenhang der Benennung des Ev. Johanna-Volke-Familienzentrums vom damaligen Kurseelsorger Christian Casdorff bereits im Jahr 2012 im Ev. Gemeindebrief. Ortsheimatpfleger Volker Kneisel warb 2015 im Kulturausschuss der Gemeinde für diese Idee mit einen vorläufigen zeichnerischen Entwurf der Schülerin Julia Joester. (Abb.1)

Durch die Gemeinde wurden finanzielle Mittel in bestimmtem Ausmaß zur Verfügung gestellt, ein Rest wurde durch Spenden finanziert, so dass sich der Ortsheimatpfleger auf die Suche nach konkreten künstlerischen Entwürfen machen konnte. Es fanden sich 3 heimische Künstler aus dem Raum Soest und eine Künstlerin aus Witten, die Entwürfe oder Modelle in dem angedachten Kostenrahmen vorlegten.

In einer Sitzung des Kulturausschusses Anfang 2017 entschieden sich alle Fraktionen einstimmig für das von Michael Düchting vorgelegte Modell (Abb.2) und seine ausführliche Begründung. Zwischenzeitlich war von Seiten einiger Bürgerinnen angeregt worden, das geplante Denkmal nicht nur einer einzelnen Hebamme zu widmen, sondern allen Vertreterinnen dieses verdienstvollen Standes.

Johanna Volke hatte selbst in einem Dankesbrief zur Verleihung des Bundesverdienstordens im Jahre 1960 (im Kreisarchiv Soest) betont: „Ich freue mich besonders, weil damit gleichzeitig die aufopferungsvolle, der Gesundheit des Volkes dienende Arbeit meines Berufsstandes gewürdigt und geehrt wird.“ Dieser Gedanke sollte durch die Inschrift im Sockel des Denkmals zum Ausdruck kommen.

Künstlerische Ausführung
Für den ausführenden Künstler Michael Düchting aus Soest ist das Thema Erinnerung von großer Bedeutung. „Mal sind es Denkmäler im öffentlichen Raum wie das Denkmal der Kriegstoten in Geseke (2001) oder das Friedensdenkmal in Altenhellefeld (Sundern 2009). (… ) ein gemeinsames Denkmal für zu früh oder tot geborene Kinder auf dem Osthofenfriedhof in Soest (2007).“ (Düchting)

Idee und Projekt bestimmen das Material. So kommt es zu der Kombination einer Bronzeskulptur auf einem Sockel aus Anröchter Grünsandstein. Weitere Informationen: www.bildhauer-michael-duechting.de

Der Aufbau
Den unteren Sockel bildet eine Blockspitze aus Anröchter Grünsandstein. Diese sogenannten Blockspitzen tragen diesen Namen, weil sie tatsächlich als spitz zulaufende Blöcke gewonnen werden. Eine solche Blockspitze mit einer Länge von ca. 260 cm, einer Breite von etwa 90 cm an der breiten Seite und wenigen Zentimetern an der spitzen Seite hat der Künstler flach hingelegt. In der Höhe misst die Spitze ca. 70 cm, also etwa Sitzhöhe.
Die Kanten sind entgratet und gerundet, die natürlich rauhen Oberflächen des Steines wurden an geeigneter Stelle geglättet. Bei warmen Temperaturen kann und soll man durchaus auf dem Stein sitzen.
Auf diesem Stein steht an der breiten Seite eine in Bronze modellierte Darstellung der Johanna Volke. Die für sie typischen drei Begleiter sind vorhanden: das Fahrrad, der Hirtenhund und die Hebammentasche auf dem Gepäckträger. Die Figur misst eine Höhe von ca. 60 cm. Unmittelbar vor der Figur sind Fuß- und Radspuren im Stein angedeutet.
Am anderen Ende der Blockspitze ist ein kleiner Stein, wiederum Anröchter Grünsandstein, auf die Fläche aufgesetzt. Dieser zeigt die für die Soester Börde markanten Bilder und Silhouetten der Orte, zu denen Johanna Volke so oft auf dem Weg war: Fachwerkhäuser, üppige Laubbäume, die Turmspitzen der Kirchen Weslarn, Bad Sassendorf , Lohne. Dieser bewusst recht klein gehaltene Stein versinnbildlicht Weite und Entfernung der von der Hebamme zurückgelegten Wege.
Johanna Volke hat sich oft auf den Weg gemacht, um Menschen zu helfen und für Menschen da zu sein. Nur mit dem Rad, häufig nachts, waren diese Wege weit und orientierten sich an den sichtbaren Turmspitzen.
Der Betrachter steht bei diesem Denkmal nicht vor einem aufragenden Monument, er steht vor einem Denkmal für eine tatkräftige und mutige Frau und ist aufgefordert, sich in ihr Leben und Wirken hineinzudenken; er ist eingeladen, sich auf den Stein zu ihr zu setzten.
Um das Denkmal zu erläutern, umfasst eine vertieft eingeschlagene Inschrift die Blockspitze: „Für das Leben - Johanna Volke - 1892-1963 - Hebamme in der Gemeinde Bad Sassendorf“

Biografie der Hebamme Johanna Volke
Sie war vom Anfang der zwanziger Jahre bis 1961 als Hebamme tätig. In vier Jahrzehnten, bis drei Jahre vor ihrem Tod, hat die angesehene Hebamme in Bad Sassendorf und umliegenden Dörfern ihres Bezirkes wohl um 1800 Wöchnerinnen bei Hausgeburten beigestanden und vorher und nachher unzählige Beratungen durchgeführt.
Seit Menschengedenken bis noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Kinder, insbesondere in den Dörfern grundsätzlich zu Hause geboren. Glücklich die Kommune, die eine tüchtige Hebamme am Ort hatte. So hat Frau Volke durch ihr Können und ihre Erfahrung zahlreiche Frauen- und Kinderleben gerettet.

  • 1892 - Am 21. März wird sie als Johanna Eweler in Großdornberg bei Bielefeld geboren. Sie ist das erste Kind eines Schmiedegesellen und einer Tagelöhnerin.
  • 1898 - Im Alter von 6 Jahren verliert sie ihre Mutter. Vielleicht bei der Geburt eines weiteren Kindes. Sie hat inzwischen noch drei kleinere Brüder.
  • 1904 - Als Johanna 12 Jahre ist, stirbt ihr Vater. Wir kennen nur die Daten, aber nicht die Todesursachen. Was mit den Waisen geschieht, liegt ebenfalls im Dunkeln.
  • 1912 - Das nächste bekannte Dokument ist die Heiratsurkunde Johanna Ewelers mit Dietrich Volke aus Bad Sassendorf. Dort wird sie als Dienstmagd in Weslarn (Nachbardorf von Bad Sassendorf, gehört heute zur Großgemeinde) bezeichnet. Trauung durch Pastor Weise in Bad Sassendorf (Trauspruch: „Einer trage des anderen Last“).
    Sie ziehen wahrscheinlich in das kleine Fachwerkhaus zur Schwiegermutter Henriette Volke „Im Spring“. Dort hatte die Tagelöhnerin als alleinerziehende Mutter vier Söhne großgezogen, die alle „des Kaisers Rock“ getragen hatten.
  • 1912 - Ihr erstes Kind, der Sohn Diederich Volke, wird am 6. Juni geboren.
  • 1914-1915 - Zwei weitere Töchter (Else und Johanna) werden geboren.
  • Bis 1918 - Wie es Ehepaar Volke während des furchtbaren 1. Weltkrieges, etwa im Hungerwinter 1917 ergeht, wissen wir nicht. Musste der Rangierführer Volke in den Krieg? Konnte Johanna vielleicht als Helferin in einem Lazarett arbeiten, die in den Kinderkurheimen in Sassendorf eingerichtet wurden? Oder begann sie bereits ihre Ausbildung zur Hebamme?
  • 1920 - Im Oktober beginnt ihre Tätigkeit als Hebamme. (Schreiben des Amtsdirektors zur Begründung des Verdienstordens 1959)
  • 1923 - Sohn Herbert wird geboren, der 1943 im 2. Weltkrieg in Russland umkommt.
  • 1925-1933 - Sicher haben Johanna bei der Ausübung ihres Berufes die veränderten politischen Verhältnisse in der Weimarer Demokratie geholfen, die den Frauen das Wahlrecht und größere Möglichkeiten zur Emanzipation boten.
  • 1938 - Ehemann Dietrich, der lange kränklich ist, wahrscheinlich vom Krieg gezeichnet, stirbt nach vorheriger Versetzung in den Ruhestand. Neben ihrer kleinen Witwenrente kann Johanna die geringen Einnahmen als Hebamme gut gebrauchen, denn ihre Kinderschar ist bis 1931 um drei weitere Töchter angewachsen. Else, ihre Älteste, ist inzwischen 17 Jahre alt. Sie kümmert sich während der häufigen beruflichen Verpflichtungen der Hebamme um ihre jüngeren Geschwister.
  • Bis 1945 - Johanna muss sich mit den verschärften Gesetzen zur sogenannten Rassenhygiene auseinandersetzen. Um weiter Hebamme sein zu können, muss sie sich erneuten Prüfungen unterziehen und 1940 den Ariernachweis erbringen. Im sorgfältig ausgefüllten Fragebogen weist sie ihre Vorfahren aus der Bielefelder Gegend nach. Es sind Handwerker, Tagelöhner, alles einfache Leute.
  • Zeitzeugen berichten, dass Johanna während des Krieges verschleppten Frauen hilft, die bei Bauern in der Soester Börde Zwangsarbeit leisten müssen. Auch wenn dieses schwere Strafen nach sich ziehen kann, hilft sie so auch diesen Frauen, wenn sie schwanger wurden. Hinweise darauf, dass sie „erbkranke“ Kinder meldete, wozu sie durch die „Rassegesetze“ während der nationalsozialistischen Diktatur verpflichtet gewesen wäre, gibt es nicht.
  • 1959 - Sie ist im Alter von 67 Jahren aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, ihre Tätigkeit als Hebamme für die Gemeinden Bad Sassendorf, Lohne und Heppen aufzugeben.
  • 1960 - Hebamme Volke erhält aus der Hand des Landrates des Kreises Soest Blume, das vom Bundespräsidenten verliehene Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. (Abb.3)
    Aus der Begründung: „Sie hat in einer fast 4 Jahrzehnte währenden aufopferungsvollen Arbeit bei etwa 1700 – 1800 Geburtsfällen – etwa 45 Geburtsfällen im Jahresdurchschnitt – Hilfe geleistet und unzählige Beratungen durchgeführt. Hierbei ist besonders zu berücksichtigen, dass in dem ihr zugewiesenen ländlichen Bezirk Wegestrecken von 3-4 km mit einem Fahrrad bei jeder Witterung und zu allen Tages- und Nachtzeiten zurückgelegt werden mussten. Diesen persönlichen Einsatz hat Frau Volke in den langen Jahren ohne Rücksicht auf ihre eigene Person und ihre eigene große Familie (7 Kinder) geleistet – immer ihre verantwortliche Pflicht vor Augen, immer freudig zur Hilfe an besorgten, werdenden Müttern und jungen Familien bereit – und sich damit um die Allgemeinheit wesentlich verdient gemacht.“
  • 1963 am 19. August stirbt Johanna Volke.

Literatur zu Frau Volke und anderen Hebammen des Kreises Soest
Das im Kreisarchiv Soest vorhandene Material zur Hebamme Volke beginnt erst im Jahr 1940
Hilde Niemöller, Verborgener Segen, Heimatkalender des Kreises Soest 1965, S. 105
Maria Peters (Bad Westernkotten) Kinder, Küche, Karriere, Emanzipation auf dem Lande vor über 100 Jahren, in: Heimatblätter 2008, S. 4-6 (im Kreisarchiv Soest)
Ernst H. Wulfert, Ein Menschenleben – ein Leben für die Menschen – Teil 1 und 2 in: Unsere Kirche 36 und 47 aus dem Jahre 2012
Rotraut Grün, Ein Leben für das Leben, Soester Anzeiger vom 24.12.2013
Volker Kneisel, Ein Denkmal „Für das Leben“, in: Jahrbuch Westfalen 2019, hg. vom Westfälischen Heimatbund, Münster 2018, S. 193-197

Abbildungen:
(1) Das Johanna-Volke-Denkmal auf Hof Haulle (18.03.2019)
(2) Erste Zeichung der Schülerin Julia Joester
(3) Das 1. Modell von Michael Düchting
(4) Das überarbeitete Modell von Michael Düchting
(5) Überreichung des Bundesverdienstkreuzes am Bande durch Landrat Blume 1960
(6) Ausschnitt aus Dankesbrief Johanna Volke
(7) Frau Volke Anfang der 40er Jahre im Alter von etwa 50 Jahren (Baby auf ihrem Arm: Helmut Spork, geb. 4.6.1941, Bildquelle: Familie Helmut Spork, Meckenheim)

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